Haßfurt, Lkr. Haßberge. Der Wettergott untertsützte in diesem Jahr die Böllerschützen mit Sonnenschein. Weit über 200 Zuschauerinnen und Zuschauer kamen am Mittwoch an den Haßfurter Modellflugplatz in der Flur bei Prappach um das Neujahrsschießen mitzuerleben. 21 Hobby-Schützen lebten wieder einmal mehr die Tradition und begrüßten das neue Jahr mit Schüssen aus ihren Gerätschaften wie zum Beispiel Handböller, Schaftböller, Mörser und Böllerkanonen. Seit 2020 findet das Traditionsevent in Haßfurt statt nachdem zuvor neun Jahre lang in Zeil am Neujahrstag die Heimat der Böllerschützen war.
Udo Naß aus Prappach organisiert als Böllerreferent des Schützengaus Schweinfurt jedes Jahr als Hauptverantwortliche das Neujahrsschießen. Unterstützung bekommt er dabei unter anderem von Kai Scheppe aus Heilgersdorf, der das Kommando über die Schützen hat und Anweisungen gibt. Gefeuert wird in Richtung Gewerbegebiet Schlettach. Dabei bringen die einzelnen Salven, nämlich der Eröffnungssalut, das langsame und schnelle Reihenfeuer, der Doppelschlag und der Ehrensalut ein Donnergrollen hervor, das aus der Schussrichtung Steigerwald akustisch beeindruckend zurück kommt.
Aus ganz Unter- und Oberfranken waren die Schützen angereist. Den weitesten Weg hatte wohl Franz-Peter Haase aus dem rund 90 Kilometer entfernten Bad Brückenau. Unter Schützenkameraden ist er als „Böller Franz“ deutschlandweit in der Szene bekannt. Rund 40 Veranstaltungen in ganz Deutschland besucht er jährlich zusammen mit seiner Lebensgefährtin Birgit Strauss, die sich ebenfalls für das Hobby begeistert.
Zum ersten Mal in Haßfurt waren die Brüder Peter und Klaus Jungkunz aus Priesendorf im Landkreis Bamberg dabei. Insgesamt war es sogar erst das zweite Böllerschießen, an dem die beiden teilnahmen. Einen Tag vor dem Haßfurter Event nahmen sie in Großgressingen bei Ebrach im Steigerwald am dortigen Silvesterschießen teil. „In Großgressingen wird das alte Jahr verabschiedet und in Haßfurt das neue Jahr begrüßt“, beschreiben Peter und Klaus Jungkunz die Tradition.
Im Gepäck hatte das Brüderpaar eine Vorderlader-Kanone mit einem Kaliber von 50 Millimeter. Dabei handelt es sich um einen 25 Jahre alten Nachbau einer historischen Kanone von 1850, Zu einem Schnäppchenpreis von 3.000 Euro haben Peter und Klaus Jungkunz das Gerät gebraucht in Nordrhein-Westfalen gekauft. Dabei liegt die Betonung auf „Gerät“, denn alle Exemplaren die Böllerschüsse abgeben, gelten nicht als Waffen. Freilich kann nicht Jedermann nach Lust und Laune in der Gegend rumböllern. Dazu wird eine Ausbildung benötigt um eine Erlaubnis nach dem Sprengstoffgesetzt zu bekommen, erklären der 33-Jährige Peter und sein sechs Jahre älterer Bruder Klaus. Der selbstständige Elektromeister und der Industriemeister haben im Frühjahr 2024 den Lehrgang absolviert und die Prüfung mit Erfolg abgelegt.
Vater Erich Jungkunz hatte zuvor seinen beiden Söhnen das Hobby näher gebracht. Seit 35 Jahren ist er Mitglied im Schützenverein Diana im Priesendorfer Ortsteil Neuhausen und ist selbst seit vielen Jahren als Böllerschütze aktiv. Dabei bevorzugt der 68-Jährige einen Handböller und zwar genauer gesagt eine Vorderlaufpistole im Kaliber 18 Millimeter. „Wer als Böllerschütze aktiv sein will, muss einem Schützenverein angehören“, sagte auch Karl-Heinz Wrobel, der zweite Schützenmeister des Schützenvereins Diana, der die Familie Jungkunz begleitete. Dabei sind die Schützen auch über den Verein versichert, falls mal etwas passieren sollte. Um das zu vermeiden wird aber jeder Handgriff sehr sorgfältig und gewissenhaft ausgeführt, betonen die Hobby-Schützen. Denn sie wollen schließlich niemanden gefährden sondern ihre Tradition bewahren: „Im wahrsten Sinne des Wortes wollen wir das Brauchtum befeuern“.