Behelfsmasken: Lehrerinnen nähen für den Katastrophenschutz und Ehrenamtliche für die Bevölkerung

Für Ulrich Goschenhofer, einen der Organisatoren der Hofheimer Aktion, und seinen Sohn, ist das Tragen der in Handarbeit hergestellten Behelfsmasken eine Selbstverständlichkeit, um andere zu schützen. Foto: © Christian Licha

Landkreis Haßberge. „Gemeinsam sind wir stark!“, unter diesem Motto nähen Lehrerinnen von Grund- und Mittelschulen aus dem gesamten Landkreis seit über zwei Wochen Behelfsmasken an der Albrecht-Dürer-Mittelschule in Haßfurt. Rund 40 Aktive arbeiten dort im Zwei-Schicht-Betrieb und stellen täglich gut 800 Einweg-Masken her.

„Die ursprüngliche Idee war für die Patienten der Haßberg-Kliniken und Medizinischen Versorgungszentren Behelfsmasken herzustellen, um unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu schützen“, berichtet Wilfried Neubauer, Vorstand der Haßberg-Kliniken. Rechtzeitig wurde deswegen von den Haßberg-Kliniken der spezielle Vliesstoff gekauft und mit der Produktion begonnen wurde. Die ersten Näherinnen waren Mitarbeiterinnen aus dem Medizinischen Versorgungszentrum und zwar die Fachrichtungen Radiologie und Orthopädie/Chirurgie.

In zwei großzügigen Räumen in der Mittelschule wird unter hygienischen Bedingungen mit ausreichend Abstand produziert. Foto: © Christian Licha

Nachdem mittlerweile ein hoher Bedarf an Behelfsmasken auch für die Katastrophenschutzeinheiten, wie THW, BRK, Feuerwehr, Gesundheitsamt usw. vorliegt, wurde die Produktion erweitert, um höhere Stückzahlen anfertigen zu können. Schulrätin Susanne Vodde fackelte nicht lange, nahm die beiden Fachlehrerinnen und Fachberater im Schulamtsbezirk Haßberge, Hedwig Richter und Barbara Bäuerlein mit ins Boot, um für die Idee zu werben. Die Telefone liefen heiß und innerhalb von weniger als 24 Stunden stand das Team, mit dem die Produktion begonnen werden. „Fast alle Kolleginnen, die wir angerufen haben, waren sofort bereit zu helfen“, sagte Richter und freute sich, dass auch einige pensionierte Lehrkräfte wie zum Beispiel die Grundschullehrerin Elke Thenau daran teilnehmen. Auch Fachfremde packen fleißig mit an, wie beispielsweise die Religionslehrerin Angelika Reinhart. „Wir machen das in unserer Freizeit, auch in den Schulferien“, erklärten die Näherinnen, die aus dieser Aktion keine beruflichen Vorteile ziehen, denn Überstunden werden bei Beamten nicht berücksichtigt.

Religionslehrerin Angelika Reinhart schneidet den Vliesstoff für die Behelfsmasken. Foto: © Christian Licha

Stolz zeigt sich Matthias Weinberger, der Schulleiter der Haßfurter Mittelschule, dass man über zwei großzügige Handarbeits- und Werkräume verfüge, in denen unter hygienischen Bedingungen und mit genügend Sicherheitsabstand genäht werden kann. Insgesamt wurden dort sechs Stationen eingerichtet, um die Produktion so effektiv wie möglich zu gestalten. Nach dem Zuschneiden des Vliesstoffes wird der obere Saum genäht. An einem weiteren Tisch wird Draht zugeschnitten und in den Stoff eingeführt, der den Maskenträgern mehr Stabilität gewährleistet. Nach dem  in Falten legen des Vliesstoffes und dem Zurechtscheiden der Gummibänder wird im letzten Arbeitsschritt alles zusammengenäht. Gute Dienste hierbei leisten die fünf nagelneuen Nähmaschinen, die die Mittelschule zufällig erst kürzlich angeschafft hat. Weitere Stationen, in denen Lehrer Masken nähen, wurden auch in der Mittelschule Ebern und der Heinrich-Thein-Berufsschule Haßfurt eingerichtet.

Im letzten Arbeitsschritt wird alles zusammengenäht. Mit der Arbeitsteilung an sechs Stationen schaffen die Näherinnen rund 800 Masken am Tag. Foto: © Christian Licha

Eine Überraschung war es dieser Tage, als Landrat Wilhelm Schneider in der Mittelschule mit einem kleinen Präsent für Alle erschien. Der Landrat freute sich darüber, dass die Lehrerinnen so eifrig am Werk sind und sich auch in den Osterferien an die Nähmaschinen setzen: „Vielen Dank für dieses großartige Engagement.“

Besonderen Wert legt Hedwig Richter auf die Feststellung, das es sich bei den hergestellten Masken nicht um Medizinprodukte handelt. Dieser Hinweis wird auch auf jede einzelne Maske gestempelt. Zwar handelt es sich bei dem Vlies um das Originalmaterial, dass auch für die FFP 2-Masken verwendet wird, aber die selbstgenähten Masken können keinen hundertprozentigen Schutz geben. Dennoch sieht es Richter als wichtig und richtig an, die Masken zu tragen: „Da die Viren über Tröpfchen übertragen werden kann eine Behelfsmaske helfen die Übertragungswege zu reduzieren, besonders falls man selbst infiziert ist“.

Im Sanitätshaus Traub in Hofheim kann sich jeder seine persönliche „Sozial-Maske“ aussuchen, so wie zum Beispiel hier Kundin Imelda Gock aus Ballingshausen. Foto: © Christian Licha

Ihren großen Respekt zollte Richter auch allen Daheimgebliebenen, die in privaten Initiativen zu Hause Masken nähen. So gibt es zum Beispiel auch im Haßgau rund um Hofheim einen Zusammenschluss von rund 30 Frauen, die „Mund-Nase-Masken“ herstellen. Hier laufen bei Janine Diehm die Fäden zusammen. Zusammen mit ihrem Mitstreiter, Ulrich Goschenhofer, der auf Facebook dafür kräftig Werbung gemacht hat, hat die junge Frau den Nerv der Zeit getroffen. Die „Sozialmasken“, wie sie genannt werden, sind im Gegensatz zu denen der Lehrerinnen aus Baumwollstoff, aber auch kein Medizinprodukt. Dennoch können sie bei der Vermeidung der Ansteckung Anderer helfen. In fünf verschiedenen Größen, von XS bis XL, die jeweils einzeln verpackt sind, können die Masken gegen eine freiwillige Spende im Sanitätshaus Traub in der Hofheimer Hauptstraße zu den üblichen Öffnungszeiten ohne Voranmeldung abgeholt werden. „Eine große Nachfrage bereits am ersten Tag der Aktion, bestätigte Mitarbeiterin Melissa Först. „Die Spende, um die gebeten wird und die jeder nach seinem Geldbeutel selbst festlegen kann, ist dafür gedacht, die Materialkosten zu decken“, sagte Diehm, die einen eventuellen Überschuss sozialen Zwecken spenden will. Goschenhofer erklärte, dass diese ehrenamtliche Aktion auf einen gewissen Zeitraum angelegt ist, um den absoluten Mangel an solchen Artikeln zu überbrücken: „Inzwischen gibt es mehr und mehr Hersteller die professionalisiert das betreiben und die sollen und dürfen durch so eine Aktion nicht benachteiligt werden“.

Eine kleine Spende in das Sparschwein erbitten die Hofheimer Näherinnen, um die Materialkosten zu decken. Foto: © Christian Licha