[VIDEO] Nach 45 Jahren bleibt das Hallenbad in Zeil für immer geschlossen

Foto: © Christian Licha

Zeil am Main, Lkr. Haßberge. Am Mittwoch ist eine Ära zu Ende gegangen. Mit Ablauf der regulären Badezeit um 21 Uhr schloss das Zeiler Hallenbad für immer seine Pforten. Nach 45 Jahren sind die Investitionen für die Stadt Zeil zu groß, die geleistet werden müssten, um weiterhin den Badebetrieb aufrecht erhalten zu können. „Vor allem die Reinigungs- und Filtertechnik lässt es nicht zu das Bad weiter zu betreiben, da möglicherweise für Kinder und Senioren eine Gesundheitsgefährdung bestehen könnte“, war in einer Mitteilung an der Eingangstür zu lesen.

Unter normalen Umständen hätten sich die Schwimmbadbesucher wahrscheinlich gefreut, gab es doch an den letzten beiden Tagen freien Eintritt in das Hallenbad. Aber die Traurigkeit und auch Ratlosigkeit angesichts der Schließung überwiegt. So waren zum Beispiel Berta und Egfried Goger aus Sand die letzten 15 Jahre regelmäßig zu Gast im Zeiler Bad. Jedes Jahr hatten die beiden Senioren eine Jahreskarte gelöst, um privat das Hallenbad zu besuchen. Aber auch an den wöchentlichen Schwimmstunden der Rheumaliga nahmen beide teil. Nach Auskunft von Berta Goger können diese nun überhaupt nicht mehr durchgeführt werden, weil der Verein in keinem anderen Hallenbad im Landkreis Stunden buchen kann. Die anderen Hallenbäder sind ausgelastet. Brigitte Pakosch aus Zeil hat ein ähnliches Problem. Neben zahlreichen privaten Besuchen in den letzten 35 Jahren nahm sie auch immer an der von der VHS angebotenen Wassergymnastik teil. Diese können in Zukunft auch überhaupt nicht mehr stattfinden, da sich kein Ersatzbad finde, so Pakosch.

Bürgermeister Thomas Stadelmann kann den Kummer der Bevölkerung nachvollziehen. Ihn belaste die Situation seit langer Zeit sehr. Es es sei auch ganz schwer, die Schließung vor Augen zu haben.  Besonders für Kinder und Senioren sei es sehr bedauerlich, dass das Hallenbad nicht mehr zur Verfügung stehe. „Wir brauchen und kämpfen für eine Lösung, es geht aber nur gemeinschaftlich“, sagte Stadelmann bei einem Pressetermin vor Ort.  An einem ein Allianz-Bad müssten sich mehrere Kommunen beteiligen, denn von einem geschätzten Kostenaufwand für einen notwendigen Neubau in Höhe von anzunehmenden 8 Millionen Euro, bliebe nach der staatlichen Förderung immerhin noch rund die Hälfte übrig, die von dem Betreiber getragen werden müsse, erklärte das Stadtoberhaupt. Zur Zeit laufe die Standortanalyse für einen zukünftigen Neubau und danach müsse man sich über die Finanzierung unterhalten. Mehrfach waren in der Vergangenheit Experten vor Ort, die sagten, dass eine Generalsanierung des Zeiler Hallenbades keinen Sinn mehr mache.

Die achtjährige Veronika aus Limbach ist offensichtlich sehr stolz, dass sie in Zeil das schwimmen lernen durfte. Ihr selbstgemaltes Bild hängt öffentlich am „schwarzen Brett“ aus. Foto: © Christian Licha

Anna Schmuck und Julia Melchior, die beide das Schwimmen in Zeil gelernt haben, sehen es jetzt als Familienmütter als sehr wichtig an, dass es zukünftig unbedingt eine Alternative geben muss. „Wo will man denn mit den Kindern sonst das Schwimmen üben, wenn es kein Bad gibt mit einer so langen Bahn wie in Zeil?“, fragte sich Julia Melchior, die auch Stadträtin in Zeil ist. Es brauche kein Spaßbad, sondern einfach nur ein normales Hallenbad, das auf einer kurzen Wegstrecke erreichbar sei. Anna Schmuck lobte auch Schwimmlehrer Alfred Junker, der im Schulunterricht als auch in seiner Freizeit vielen Kindern das Schwimmen beibrachte. Junker habe als Badeaufsicht immer wieder Tipps gegeben und motiviert, wenn seine Schützlinge privat das Schwimmbad besuchten. „Sowas gibt es in keinem anderen Bad“, war sich die zweifache Mutter sicher.

Die guten Seelen des Zeiler Hallenbades: Margit Übel (links) und Herta Vogel sind mit ihren 23 beziehungsweise 25 Jahren Beschäftigungszeit die Dienstältesten im Schwimmbad-Team. Foto: © Christian Licha

25 Jahre lang sorgte Herta Vogel zuverlässig im Hallenbad für Sauberkeit. Zusammen mit Margit Übel, die seit 23 Jahren an der Kasse saß und immer ein nettes Wort für die zahlreichen Stammgäste übrig hatte, sind die beiden sympathischen Frauen die Dienstältesten des Hallenbad-Teams. „In den letzten Tagen vor der Schließung hat man schon gemerkt, dass einige Badegäste mehr kamen, um vom Hallenbad Abschied nehmen zu können“, berichteten die beiden Angestellten. Auch waren viele Zehnerkarten-Besitzer dabei, die ihr Guthaben noch aufbrauchen wollten. Einige haben sogar ihre nicht mehr benötigte Karte mit noch weiteren gültigen Eintrittsabschnitten an der Kasse hinterlegt, um damit anderen Besuchern eine Freude zu machen und ihnen einen freien Eintritt zu ermöglichen, erzählte Übel. Zusammen mit ihrer Kollegin Vogel war sich die Kassendame einig, dass stets ein sehr gutes Betriebsklima herrschte. Beide werden die vergangenen Jahrzehnte immer in guter Erinnerung behalten.

Bademeister Harald Göpfert an seinem Arbeitsplatz. 18 Jahre lang sorgte er für die Sicherheit der Badegäste und führte Reparaturen durch. Foto: © Christian Licha

Bademeister Harald Göpfert bestätigte, dass viele Gäste in den letzten Tagen länger blieben, um das kühle Nass in Zeil noch einmal genießen zu können. Der 45-Jährige, der seit 18 Jahre für die Sicherheit der Erwachsenen und Kinder sorgt, hat in „seinem“ Hallenbad einst das Schwimmen gelernt. Während seiner Beschäftigungszeit war er immer bereit notwendige Reparaturen schnell und möglichst ohne großen Kostenaufwand auszuführen. „Außer in den Sommerferien hatten wir so gut wie nie geschlossen“, sagte Göpfert stolz, aber wies auch darauf hin, dass es irgendwann nicht mehr möglich sei, die Schäden in Eigenregie zu beheben. Nach seiner Meinung sei Zeil auch das bestbesuchteste Hallenbad im ganzen Landkreis gewesen. Der Bademeister schätzte, dass etwa 55000 Besucher jährlich da waren, in etwa die Hälfte während des öffentlichen Badebetriebes. Der Rest wurde von Schulen und Vereinen, wie zum Beispiel der Wasserwacht Zeil-Sand oder dem Schwimmclub Haßberge belegt.

Die beiden Jugendfeuerwehrler Luca Ehmsen (links) und Sven Hetterich waren oft im Hallenbad. Foto: © Christian Licha

Als Bademeister kennt man natürlich auch seine Stammgäste sehr gut. So waren zum Beispiel die beiden Zeiler Jugendfeuerwehrler Luca Ehmsen und Sven Hetterich regelmäßig im Schwimmbad. Beide fanden es auch immer toll, dass man sich ohne große Umstände Tauchringe, Schwimmnudeln, Wasserbälle oder ähnliches kostenlos ausleihen konnte. Der Eintrittspreis war günstig, so dass sie beiden Jugendlichen sich immer einen Besuch leisten konnten. Einen symbolischen Abschied vom Hallenbad nahm eine Frauengruppe, deren Dazugehörigen teilweise auch schon bis zu 30 Jahren Stammgäste waren. Margit Rödelmaier, Johanna Derra und Edeltraud Dürrbeck aus Neubrunn sowie Andrea Weinmann aus Zeil hatten ein Grablicht dabei, um es nach ihrem Besuch vor dem Hallenbad anzuzünden. Bereits bei der früher immer am Montag stattfindenden „Frauenbadestunde“ war das Trüppchen regelmäßig dabei. „Wir hoffen sehr, dass bald einen neues Hallenbad im Maintal gebaut wird“, sagten die vier Damen, die sich durch das regelmäßige Schwimmen immer fit gehalten haben und das auch in Zukunft tun möchten.