500 Menschen demonstrieren in Ebern bei nicht angemeldetem „Spaziergang“

Um die 500 Menschen gingen am Mittwoch in Ebern auf die Straße und nahmen an dem nicht angemeldeten "abendlichen Sparziergang" teil. Foto: © Christian Licha

Ebern, Lkr. Haßberge. Allen Warnungen des Verfassungsschutzes zum Trotz, versammelten sich um die 500 Menschen am Mittwochabend in Ebern, um an dem nicht angemeldeten „Vorweihnachtlichen Abendspaziergang gegen die Spaltung“ teilzunehmen. Die anonyme Ankündigung, die in den sozialen Netzwerken kursierte, gab als Treffpunkt den Eberner Bahnhof an, an dem sich dann auch die Demonstranten sammelten. Begleitet von einem größeren Aufgebot der Polizei, zog der Tross dann rund drei Kilometer durch die Altstadt und ein Wohngebiet, ehe sich die Versammlung dann nach rund einer Stunde am Ausgangspunkt rasch auflöste.

Mit lautstarken Parolen wie zum Beispiel „Wir sind hier, wir sind laut, weil man uns die Freiheit raubt“, unterstützt durch ein Trillerpfeifenkonzert und vereinzelten Transparenten zog der Demonstrationszug die Aufmerksamkeit der Anwohner auf sich. Ein Mann, der aus seinem Garten das Geschehen beobachtete, hatte überhaupt kein Verständnis dafür: „Die Leute lassen sich vor den Karren der Rechtsextremisten spannen und merken es nicht mal“.

„Das wird immer gleich in die rechte Ecke gestellt“, sagte dagegen eine Teilnehmerin aus dem Raum Ebern. Gleichzeitig untermauerte die Frau ihre nicht extremistische Gesinnung damit, dass ihr Ehemann Araber sei. Tatsächlichen war die überwiegende Mehrheit, die durch die Straßen zogen, eher dem bürgerlichen Lager zuzuordnen. Auch etliche Familien mit Kindern eines jeden Alters nahmen an dem „Spaziergang“ teil.

Dagegen brüstet sich auf Telegram eine rechtsextremistische Gruppierung, dass „Brüder und Schwestern in Ebern den vorweihnachtlichen Spaziergang gegen Spaltung begleiteten“. Auch die Demonstration am vergangenen Samstag wird dort mit den Worten beschrieben: „Heute war ein Teil unseres Kollektivs in der beschaulichen Stadt Haßfurt und nahm dort an einer Versammlung gegen die Spaltung der Gesellschaft teil“.

Ein Anführer oder Organisator der nicht angezeigten Versammlung war indes aber nicht auszumachen, wie Detlef Hauck, der Dienststellenleiter der Polizeiinspektion Ebern sagte. Auch die Route war der Polizei nicht bekannt. Die Beamten taten jedoch alles, um den rund um die Menschenmasse fließenden Verkehr zu regeln und so die Demonstranten vor den Gefahren auf der Straße zu schützen. Am Ende der Veranstaltung bedankte sich sogar ein Ehepaar bei den Polizisten: „Danke, dass Ihr da ward“.

Rund zwei Dutzend Gegendemonstranten, die sich für die staatlichen Maßnahmen aussprechen, postierten sich in kleinen Gruppen am Wegesrand der Marschroute durch Ebern. Foto: © Christian Licha

Rund zwei Dutzend Gegendemonstranten hatte der „Abendspaziergang“ auf den Plan gerufen. Diese verhielten sich, genauso wie die eigentlichen Demonstranten äußert friedlich. Mit Plakaten auf denen zum Beispiel die Worte „Ebern bleibt bunt“, „Nazis raus“ oder „Impfung aus Solidarität“ säumten sie an verschiedenen Stellen in kleinen Gruppen den Weg des Umzuges.

Auch Bürgermeister Jürgen Hennemann beobachtete die „Spaziergänger“ und zeigte sich verwundert, dass so viele Menschen dem Aufruf gefolgt waren, zumal am Vortag vor einer Teilnehme noch ausdrücklich in der Presse gewarnt wurde.

Barbara Hahnlein, die Ortssprecherin der Grünen in Ebern sagte in einer Pressemitteilung, dass der Aufruf im Internet wie eine „Kampfansage“ klinge. „Mit keinem Wort wird erwähnt, dass erwartet wird, sich an Coronaauflagen zu halten“. Deshalb stoße die Aktion auf Unverständnis und Ablehnung bei den Grünen. „Es wirkt als wollte man eine ganz bestimmte Art von Stimmung machen“, so Hahnlein.

Das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz teilte mit, dass die rechtsextremistische Gruppierung „Kollektiv Zukunft schaffen Heimat schützen“ (KZSHS) offen einsehbar über den Messenger-Dienst Telegram für die Versammlung in Ebern geworben hatte. KZSHS sei „eine dem subkulturellen Rechtsextremismus zuzurechnende Gruppierung aus dem Raum Nordbayern mit einer ideologischen Nähe zum Neonazismus“. Der Aufruf zur Eberner Versammlung lasse auf den ersten Blick keinen Bezug zum Rechtsextremismus erkennen. Dies sei „im Zuge der Anti-Corona-Proteste eine beliebte Verschleierungstaktik von Rechtsextremisten, mit dem Ziel Anschluss an das bürgerliche Spektrum zu finden“, so der Verfassungsschutz.