Haßfurt, Lkr. Haßberge. Extremwetterlagen, regelmäßig auftretende Hochwasser und andere Großeinsätze stellen die Einsatzleiter der Feuerwehr Haßfurt in den letzten Jahren vor immer größer werdende Herausforderungen. Um sie zukünftig zu entlasten, wurde nun eine Unterstützungsgruppe Führung (UG Führung) ins Leben gerufen. Am vergangenen Samstag übte diese Gruppe erstmals die Abwicklung eines simulierten Ausnahmezustands mithilfe einer ebenfalls neu beschafften Einsatzführungssoftware (EFS).
Erste Ansätze zur Führungsunterstützung kamen bei der Feuerwehr Haßfurt vor allem bei den Hochwassern und Unwettern der vergangenen Jahre auf. Hier wird üblicherweise die ehemalige Nachalarmierungsstelle des Landkreises im Haßfurter Gerätehaus im Schichtbetrieb besetzt. Durch den Führungsstab und weiteres Hilfspersonal werden dann von dort die zahlreichen Einsätze innerhalb des Stadtgebiets koordiniert. Dies geschah bisher jedoch wenig strukturiert mit Papier und Stift, oder Excel-Tabellen. Seitdem die Nachalarmierungsstelle im Zuge der Einführung der Integrierten Leitstellen aufgelöst wurde, geht in diesem Bereich außerdem immer mehr geübtes Personal verloren. Zwar kommt bei Großschadenslagen auch die UG Örtliche Einsatzleitung des Landkreises zum Einsatz. Bei einem größeren betroffenen Gebiet wird diese jedoch nur den Einsatzleiter auf Kreisebene unterstützen können. Für die untergeordneten Führungsebenen wird weiterhin eine eigene Führungsunterstützung benötigt.
Nicht zuletzt einige Großeinsätze der vergangenen Jahre ließen die Überzeugung reifen, dass mittlerweile auch eine zusätzliche Führungsunterstützung an der Einsatzstelle nötig geworden war. Als Beispiele seien das Unwetter im Juli 2015 mit über 100 Einsätzen innerhalb weniger Stunden, der knapp verhinderte Waldbrand an der hohen Wann im selben Monat, sowie die ebenfalls glimpflich verlaufene Massenkarambolage auf der A70 im April 2016 genannt. Abseits derartiger Großschadenslagen wird aber auch im alltäglichen Einsatz die Führungsunterstützung immer wichtiger. Neben der Entlastung des Einsatzleiters (zum Beispiel durch die Abwicklung des Funkverkehrs) steht hier vor allem die lückenlose und rechtssichere Dokumentation des Einsatzes im Vordergrund. Um diese zu gewährleisten, sollen Lagebild und getroffene Maßnahmen zukünftig direkt elektronisch festgehalten werden.
Als Reaktion auf die beschriebenen Erkenntnisse wurde vor einigen Monaten schließlich die Gründung einer UG Führung beschlossen. Das aktuell noch im Aufbau befindliche Team umfasst derzeit zwölf Einsatzkräfte der Feuerwehr Haßfurt. Neben Führungskräften handelt es sich dabei unter anderem auch um mehrere IT-Fachkräfte. Sie sollen zukünftig die Einsatzleiter bei sämtlichen Einsätzen unterstützen. Abseits des Personals wurde auch in moderne Technik investiert. Zur Erfüllung ihrer Aufgaben greift die UG Führung auf die neu beschaffte Einsatzführungssoftware des Herstellers Fireboard zurück. In dieser Software können am PC beispielsweise Einheiten koordiniert, Lagekarten geführt und Einsätze dokumentiert werden. Genutzt werden kann die Software aktuell an vier PC-Arbeitsplätzen in der Haßfurter Einsatzzentrale.
Als weitere technische Neuerung ist im kommenden Jahr die Beschaffung eines Einsatzleitwagens (ELW 1) geplant. Wie bisher der Kommandowagen soll der ELW als Fahrzeug des Einsatzleiters und zur Mitführung von Nachschlagewerken wie Gebäude- und Hydrantenplänen dienen. Durch die weitaus größeren Platzverhältnisse eröffnet ein ELW jedoch viele weitere Möglichkeiten. Über einen oder zwei PC-Arbeitsplätze soll auch mobil auf die Führungssoftware Fireboard zugegriffen werden können. Online wird dann ebenfalls der Datenaustausch zwischen Einsatzzentrale und ELW möglich sein. Auch weitere moderne Führungsmittel wie etwa eine Drohne zur Erkundung aus der Luft sind angedacht. Besetzt werden soll der ELW optimalerweise vom Einsatzleiter, einem weiteren Zugführer als Führungsassistent, sowie je nach Einsatzgröße einem oder zwei Mitgliedern der UG Führung als Führungsgehilfen.
Neben der Technik soll aber auch die Ausbildung nicht zu kurz kommen. Nach vereinzelten Grundlagenschulungen fand am vergangenen Samstag die erste groß angelegte Übung der UG Führung statt. Im Rahmen dieser Übung wurde eine Extremwetterlage mit Starkregen und Sturm simuliert, die von den Kommandanten und der UG zu koordinieren war. Als Vorlage für die Übung diente das zuvor angesprochene Unwetter aus dem Jahr 2015. Nach einer kurzen Einführung wurden die vier Arbeitsplätze in der Einsatzzentrale in Betrieb genommen. Über zwei Stunden rotierten die Übungsteilnehmer dann durch die verschiedenen Arbeitsplätze um die jeweiligen Handgriffe zu proben. Mithilfe des speziell für solche Lagen konzipierten Moduls „Ausnahmezustand“ der Einsatzführungssoftware wurden die simulierten Einsätze nach und nach abgearbeitet.
Dabei war der erste Arbeitsplatz für die Erfassung und Priorisierung der eingehenden Einsätze zuständig. Einsatzkräfte der Feuerwehr Haßfurt spielten per Fax und Telefon fiktive Einsätze ein, die im Ernstfall aus der Integrierten Leitstelle oder direkt aus der Bevölkerung an die Einsatzzentrale gemeldet würden. Am Arbeitsplatz 2 wurde zum einem die Lagekarte geführt. Außerdem wurde von hier aus bei erhöhtem Anruf- und Fax-Aufkommen Platz 1 bei der Einsatzerfassung unterstützt. Nach der Erfassung wurden die Einsätze an Platz 3 gesichtet und ihnen Einheiten zugewiesen. Dies geschah in enger Abstimmung mit dem Einsatzleiter bzw. dem Führungsstab, der im Besprechungsraum untergebracht war. Platz 4 war schließlich zuständig für die Kommunikation mit den eingesetzten Einheiten, die wiederum durch Einsatzkräfte dargestellt wurden. Hier wurden die Einsatzaufträge aus der Einsatzleitung, sowie Rückmeldungen von den Einheiten per Funk abgewickelt.
Nach Abschluss der Übung besprachen die Teilnehmer ihre Eindrücke und sammelten Ideen, wie das Vorgehen noch weiter optimiert werden kann. Nach und nach sollen nun weitere Einsatzszenarien realitätsnah durchgespielt werden. Ab nächstem Jahr – spätestens mit Indienststellung des ELW – soll die UG Führung schließlich ihre Arbeit auch in realen Einsätzen aufnehmen. Neben vielen anderen laufenden Projekten wie der Modernisierung des Sirenenwarnnetzes, oder dem Ausbau des Hochwasserschutzes, stellt die Verbesserung der Führungsstruktur einen weiteren wichtigen Faktor für die Sicherheit der Bevölkerung des Stadtgebiets dar.