Kirchlauter, Lkr. Haßberge. Ein großer Wunsch erfüllte sich für Eugenie Hümmer am Samstag beim Gottesdienst in der Kirche „Maria Himmelfahrt“ in Kirchlauter. Die rüstige Seniorin feierte nämlich vor einigen Tagen ihren stolzen 95. Geburtstag und wollte noch einmal den ehemaligen Kirchlauterer Pfarrer Martin Wissel in einer Messfeier und ihre Enkelin, die Sopranistin Martina Hümmer, beim Singen in der altehrwürdigen Rokokokirche erleben.
Extra aus seiner jetzigen Wirkungsstätte Leidersbach im Landkreis Miltenberg angereist, öffnete Pfarrer Martin Wissel mit seiner überaus sympathischen Art die Herzen der Gläubigen. „Ich freue mich, endlich mal wieder die Heilig-Länder-Luft schnuppern zu dürfen“, sagte Wissel, der auch die Sternsinger in der Messe segnete und aussendete.
„Wenn ich heute wieder in dieser wunderschönen Kirche in Kirchlauter singen darf, werden viele Erinnerungen wach und gleichzeitig bin ich mit einer unendlichen Dankbarkeit erfüllt, dass mir Gott meine Stimme geschenkt hat“, freute sich Martina Hümmer, die mittlerweile als Sängerin klassischer Werke deutschlandweit etabliert und international sehr gefragt ist.
Seit ihrer frühesten Kindheit ist die junge Frau fasziniert, welche menschlichen Emotionen man mit Gesang ausdrücken kann. Bereits im Alter von fünf Jahren sang sie in Krankenhäusern, um die Menschen dort wieder froh und glücklich zu machen. Mit neun Jahren erlebte sie als Zuschauerin ihre erste Oper „Don Giovanni“ in Nürnberg und wünschte sich damals, auch mal so singen zu können. Kurz darauf bei ihrer Kommunion sang Hümmer ihr erstes Solo, eine Komposition des „Vater unser“. Der berühmte Dirigent Enoch zu Guttenberg, Bruder der in der Nachbarschaft der Kirchlauterin wohnenden Gräfin von Stauffenberg, sagte schon früh zu dem Gesangstalent: „Das ist eine Mozartstimme, die unbedingt ausgebildet werden muss“.
Nach ihrem Abitur und dem Besuch der Berufsfachschule für Musik Oberfranken studierte Martina Hümmer an den Musikhochschulen in Kassel und Frankfurt am Main. „Ich bin sehr stolz, dass ich das geschafft habe, denn 350 Bewerber kamen damals auf zwei Studienplätze“, so die Sopranistin, die dann im Jahre 2017 das künstlerische und pädagogische Diplom Gesang der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt sogar mit Auszeichnung bestand. Zeitgleich studierte Hümmer Elementare Musikpädagogik und schloss dies auch mit dem Diplom ab. Passenderweise sang sie in ihrem Diplomkonzert die Rolle der Donna Elvira aus der Oper „Don Giovanni“, die sie als Kind so faszinierte.
„Wir Sänger haben ein unglaubliches Geschenk, wir dürfen in andere Welten eintauchen, in jeder Probe und jedem Konzert“, ist Hümmer stolz, die ihre Leidenschaft zum Beruf machen konnte. Sie arbeitet sowohl künstlerisch als auch pädagogisch und hat neben vielen Konzerten auch Opernprojekte in Hamburg und Florenz laufen. Singen ist für sie ein Zustand der Körper und Seele gleichermaßen packt. Es ist nicht nur physische Hochleistung, sondern der Ausdruckswille muss immer gegeben sein. „Letztendlich geht es mir immer um Wahrhaftigkeit, alles andere ist oberflächlich. Wenn ich zum Beispiel Bach singe, dann muss mir bewusst sein, dass ich in diesem Moment eine Musik zum Leben erwecke, die für den Komponisten eine ganz bestimmte Aussage hatte, die in jeder Note, in jedem Ton steckt.“
Von Bach die Kantate „Jauchzet Gott in allen Landen“ war es auch, die sich Oma Eugenie gewünscht hatte: „Wir, die ganze Familie, haben schon sehr früh gemerkt, was in unserer Martina steckt und haben sie immer unterstützt und gefördert, damit sie ihren Traum leben kann“. Mit viel technischer Perfektion, musikalisch unterstützt vom Organisten Andreas Brunner aus Bamberg und Thomas Nees aus Walsdorf an der Trompete, präsentierte die Opernsängerin das Werk. Mit ihrem beseeltem Sopranglanz sang sie auch „Er weidet seine Herde“ aus dem Messias von Händel. Die Gottesdienstbesucher waren sich einig: Das war der festlichste Gottesdienst, den sie je erlebt hätten und auch die Orgel haben sie nie so schön gehört. Tief berührt von der leuchtenden und strahlenden Stimme, gab es vom Publikum anschließend das, was für eine Künstlerin am wichtigsten ist, nämlich einen großen Applaus.