Seit 70 Jahren glücklich: Rosl und Helmut Reuß feiern Gnadenhochzeit

Foto: © Christian Licha

Theres / Obertheres, Lkr. Haßberge. „Es gibt schon manchmal Differenzen wie in jeder Ehe, aber vor dem Schlafen gehen muss das wieder ausgebügelt sein“. Das ist das Rezept für ein glückliches Zusammensein über Jahrzehnte hinweg, sagten Rosl und Helmut Reuß aus Obertheres, die am Mittwoch das seltene Fest der Gnadenhochzeit feiern konnte. Seit 70 Jahren ist das stets humorvolle und positiv denkende Paar verheiratet, das sich noch guter Gesundheit erfreut.

Dabei war das erste Kennenlernen am Silvestertag 1946 recht turbulent. Rosl Mager, wie die Jubilarin mit Mädchennamen hieß, war auf der Eisbahn in den Schweinfurter Wehranlgen Schlittschuh laufen, als Helmut Reuß sie unabsichtlich anrempelte, so dass sie hinfiel und mit dem Kopf auf der Eisfläche aufschlug. Der damals 17-Jährige kümmerte sich sofort um das Mädchen und lernte sie so besser kennen. Am 2. September 1950 läuteten schließlich für die beiden gebürtigen Schweinfurter die Hochzeitsglocken in der Notkirche St. Kilian, weil die eigentliche Kirche durch den Bombenhagel zerstört war. Im Mai des folgenden Jahres war die Hochzeitsreise angesagt, die nach Pottenstein in die Fränkische Schweiz führte. Mit dem Bummelzug nahmen die frisch Vermählten eine lange Reise in Kauf und mussten danach noch fünf Kilometer vom Bahnhof zur Unterkunft bei Verwandten laufen.

Rosl Reuß wurde 1931 geboren und erlebte die Bombenangriffe auf Schweinfurt aus der Ferne mit. Zusammen mit ihren Schulkameraden wurde sie rechtzeitig nach Bad Kissingen evakuiert. 1946 lernte Rosl Reuß den Beruf der Damenschneiderin, den sie mit Freude ausübte. Später widmete sie sich dann ganz dem Haushalt und der Erziehung der Tochter und des Sohnes, die zur Welt kamen.

Geprägt vom Krieg war auch die Jugend von Helmut Reuß, der 1929 geboren wurde. Im Jahre 1944 musste er mit dem „Jungvolk“ Arbeitseinsätze leisten und hatte Glück, dass er nicht zum Kriegsdienst eingezogen wurde. Im zerbombten Schweinfurt half Helmut Reuß später mit, seine Heimatstadt vom Schutt zu befreien, ehe er auch beim Wiederaufbau beteiligt war. Nach seiner Ausbildung zum Industriekaufmann in einer Baufirma war der Jubilar 37 Jahre bis zu seinem Ruhestand im Jahre 1987 bei FAG Kugelfischer im Verkauf beschäftigt. 1996 zogen Rosl und Helmut Reuß von Schweinfurt nach Obertheres, um näher bei ihrer Tochter zu sein.

50 Jahre lang machte Familie Reuß Urlaub mit dem eigenen Wohnwagen. Die Urlaubsreisen führten sie unter anderem nach Italien, in das frühere Jugoslawien, Kärnten oder auch an die Ostsee. Bis vor kurzem hatte das Jubelpaar auch noch einen Wohnwagen auf einem Campingplatz in der Nähe von Hofheim stehen und genoss dort die schönen Tage. Im Kleingarten werkelte das Ehepaar genauso gerne und Kegeln, Wandern und Fahrrad fahren zählten früher ebenfalls zum Zeitvertreib. Außerdem war Helmut Reuß ein leidenschaftlich Bastler und ließ seine Modellflugzeuge am Himmel fliegen.

Heute spielt das Paar noch regelmäßig jeden Tag „analog“ Karten, wobei auch die Digitalisierung im Hause Reuß längst Einzug gehalten hat und auch Kartenspiele auf dem Computer Anwendung finden. Beide Ehepartner verfügen seit langem jeweils über ein eigenes Smartphone und einen Laptop. Im Umgang mit den modernen technischen Geräten sind beide sehr firm. Die zwei Enkel haben eine Whats App-Familiengruppe eingerichtet, mit der Rosl und Helmut Reuß immer auf dem neuesten Stand sind, welche Neuigkeiten es bei Tochter, Sohn oder den fünf Urenkeln gibt.

Zum Jubelfest erhielt das Ehepaar Reuß auch zahlreiche Glückwünsche Prominenter. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Ministerpräsident Markus Söder, Bischof Franz Jung, Landrat Wilhelm Schneider und Bürgermeister Matthias Schneider wünschten alle Gute, vor allem weiterhin viel Gesundheit.