Rauhenebrach / Untersteinbach, Lkr. Haßberge. Ein zunächst scheinbar normaler Einsatz hat am Freitagmittag einen Großeinsatz des Rettungsdienstes nach sich gezogen. Das Team eines BRK-Rettungswagens aus Eltmann war beim Betreten eines Wohnhauses auf das gefährliche Gas Kohlenstoffmonoxid (CO) aufmerksam geworden und hat daraufhin sofort die Evakuierung des Gebäudes in die Wege geleitet. Insgesamt wurden sieben Personen verletzt, drei mussten mit Rettungshubschraubern in Spezialkliniken geflogen werden.
Gegen 12:00 Uhr war bei der Integrierten Leitstelle in Schweinfurt ein Notruf einer Frau aus Untersteinbach eingegangen. Sie klagte gemeinsam mit einem weiteren Bewohner über Schwindel und Unwohlsein, so dass ein Rettungswagen wegen des Verdachts eines neurologischen Geschehens entsandt wurde, um medizinische Hilfe zukommen zu lassen. Als wenig später der Rettungswagen von der BRK-Rettungswache Eltmann in der Hofäckerstraße eintraf und das Rettungsteam die Wohnung im Erdgeschoss betrat, klagte ein Ehepaar über Unwohlsein und Schwindel und teilte dem Rotkreuz-Team mit, dass sich im Obergeschoss zudem ein Mann und eine Frau befänden, die nicht mehr gehfähig seien. Auf dem Weg nach oben löste auf der Treppe ein mitgeführter CO-Warner Alarm aus. Sofort wies das Rettungsteam die Bewohner an, das Haus zu verlassen.
Gemeinsam mit einem Ersthelfer rettete Notfallsanitäter Jürgen Bäuerlein, gleichzeitig Leiter der Rettungswache Eltmann, die im Obergeschoss befindlichen beiden jungen Leute. Eine 19-Jährige lag im Bad am Boden, ein 25-Jähriger im Bett. Beide waren bedingt ansprechbar und mussten mit vereinten Kräften ins Freie geschleppt werden, berichtet Michael Will, Pressesprecher des BRK-Kreisverbandes Haßberge. Das Ehepaar aus dem Erdgeschoss habe das Haus selbst verlassen können. Anschließend forderte Jürgen Bäuerlein mit seinem Kollegen weitere Rettungskräfte sowie die Feuerwehr zur Gefahrenabwehr nach. Da sich in dem Gebäude mehrere Personen aufgehalten hatten, wurde ein Großeinsatz ausgelöst, um die potentiell Verletzten umgehend medizinisch versorgen zu können. Die Koordinierung des Einsatzes vor Ort übernahm Wolfgang Brühl, Einsatzleiter Rettungsdienst.
Während das Team des zuerst eingetroffenen Rettungswagens alle Patienten in Augenschein nahm, um deren Gesundheitszustand zu beurteilen, trafen weitere Einheiten ein. Insgesamt wurden vier Rettungswagen aus Eltmann, Gerolzhofen, Bamberg und Schweinfurt sowie ein Rettungswagen der BRK-Bereitschaft Zeil am Main zum Einsatz gerufen, ebenso ein Notarzteinsatzfahrzeug aus Gerolzhofen. Zusätzlich forderte der Einsatzleiter ein spezielles CO-Messgerät der Schnelleinsatzgruppe GSG (Gefährliche Stoffe und Güter) des BRK-Kreisverbandes aus Haßfurt an. Mit dem Gerät kann die CO-Konzentration im Blut der Betroffenen gemessen und so beurteilt werden, ob eine medizinische Behandlung notwendig ist.
Bei drei Patienten war die Kohlenmonoxid-Belastung so groß, dass sie intensiv-medizinischer Betreuung bedurften. Die beiden Frauen im Alter von 19 und 68 Jahren sowie ein 25 Jahre alter Mann wurden mit drei Rettungshubschraubern aus Ochsenfurt, Bayreuth und Nürnberg in Spezialkliniken nach Ludwigsburg und Wiesbaden geflogen. Vier weitere Patienten kamen nach einer ersten notärztlichen Versorgung mit Rettungswagen in Kliniken nach Bamberg und Gerolzhofen.
Während die Betroffenen vom Rettungsdienst versorgt wurden, kümmerten sich die Feuerwehren aus Untersteinbach und Eltmann um die Belüftung des Gebäudes. Die insgesamt rund 30 Feuerwehrleute gingen mit schwerem Atemschutz in das Wohnhaus, öffneten die Fenster und sorgten mit einem Speziallüfter für die Durchlüftung des Gebäudes, so dass das gefährliche Gas nach und nach aus dem Drei-Parteien-Wohnhaus entweichen konnte. Polizei und Kaminkehrermeister konnten das Haus längere Zeit nicht betreten, bis der CO-Wert bei laufenden Messungen der Feuerwehr unter einen unbedenklichen Wert gefallen war.
Weshalb es zu dem CO-Austritt gekommen ist, ist Gegenstand der polizeilichen Ermittlungen, wie Norbert Mohr, Leiter der Polizeiinspektion Haßfurt, vor Ort auf Anfrage sagte. Vermutet wird, dass es an einer Ölheizung zu einem technischen Defekt gekommen ist und so das Kohlenmonoxid aus dem Heizsystem entweichen konnte. Noch während der Einsatz lief, kam eine weitere junge Frau nach Hause und klagte über Kopfschmerzen. Sie hatte das Haus bereits am Morgen verlassen. Es ist deshalb anzunehmen, dass der vermutete Defekt bereits in der Nacht aufgetreten und das gefährliche Gas nach und nach entwichen ist.
„Die Hausbewohner haben sich allesamt in akuter Gefahr befunden“, bestätigt BRK-Pressesprecher Michael Will. „Ist die Konzentration an Kohlenmonoxid erhöht und atmet man das Gas über längere Zeit ein, kann dies zur Bewusstlosigkeit und zum Tod führen.“ Typische Symptome seien Kopfschmerzen, Luftnot und Übelkeit.
Kohlenmonoxid entstehe bei Verbrennungsprozessen ohne ausreichende Sauerstoffzufuhr. Ursache sind nach Wills Worten daher vor allem defekte Öfen und Schornsteinanlagen oder Schwelbrände in abgeschlossenen Räumen. „Kohlenstoffmonoxid ist ein farb-, geruch- und geschmackloses giftiges Gas“, sagt der BRK-Pressesprecher. „Genau das macht es so tückisch und gefährlich.“ Medizinisch gesehen binde das Gas im Körper viel stärker an Hämoglobin als Sauerstoff und unterbinde so den Sauerstofftransport durch das Blut. „Abhängig von der Konzentration und der Zeit, die man das Gas einatmet, kann es rasch zum Tode führen. Erste Symptome können Übelkeit, Schwindel, Kopfschmerzen, Erbrechen und Verwirrtheit sein.“ Die sogenannte Kohlenstoffmonoxid-Intoxikation sei häufig auch ein Teilvorgang der Rauchgasvergiftung bei Bränden.
CO-Gas ist durch seine geruch- und geschmacklose Eigenschaft auch für Rettungskräfte sehr gefährlich. Deshalb führen im BRK-Kreisverband Haßberge alle Rettungsteams mit ihrer Ausrüstung einen sogenannten CO-Warner mit sich. Das Gerät in etwa der Größe einer Zigarettenschachtel misst nach Wills Worten fortlaufend die CO-Konzentration in der Umgebungsluft. Werden erhöhte Werte gemessen, löst das Gerät optischen und akustischen Alarm aus. Für die Helfer ist das ein Zeichen, dass sie sich in Gefahr befinden und rasch den Rückzug antreten müssen. „Bei entsprechend hohen Konzentrationen ist eine Menschenrettung nur durch die Feuerwehr unter Einsatz von schwerem Atemschutz möglich“, sagt Michael Will, da sich die Rettungsteams sonst selbst in Lebensgefahr begeben würden.
„Durch die gute medizin-technische Ausrüstung des BRK-Rettungsdienstes in Kombination mit dem professionellen und umsichtigen Handeln unserer Rettungswagen-Besatzung konnten sowohl für die betroffenen Hausbewohner als auch für die Retter weitere Gefahren abgewendet werden“, berichtet der Pressesprecher. Womöglich hätten die beiden im Obergeschoss befindlichen Personen ihr Leben dem beherzten Eingreifen des Rettungsteams und des Ersthelfers zu verdanken.
Die drei in Spezialkliniken nach Ludwigsburg und Wiesbaden geflogenen Patienten müssen sich dort einer weiteren Therapie unterziehen. Schon an der Einsatzstelle begann die rettungsdienstliche Therapie mit einer sofortigen Behandlung mit reinem Sauerstoff. Sie muss in bestimmten Fällen in Fachkliniken in Überdruckkammern fortgesetzt werden. Dort atmen die Patienten unter erhöhtem Umgebungsdruck Sauerstoff ein, wodurch das Kohlenmonoxid nach und nach aus dem Blut verdrängt wird.