[VIDEO] Unendliche Hilfsbereitschaft nach verheerenden Wohnhausbrand

Von der Dachgeschosswohnung blieb so gut wie nichts mehr übrig. Foto: © Christian Licha

Zeil am Main, Lkr. Haßberge. Die Emotionen kochen über in Zeil, aber ausschließlich im positiven Sinne. Nach dem verheerenden Großbrand in der Nacht zum Mittwoch fühlen sehr viele Unbeteiligte mit den geschädigten Familien mit, die alles verloren haben und nur noch die Kleider am Leib trugen als sie von der Feuerwehr Zeil gerettet wurden. Ein Welle der Hilfsbereitschaft macht sich breit.

+++ Demnächst gibt es hier an dieser Stelle ein VIDEO über die Hilfsaktion und  Einzelheiten zum Brand zu sehen +++

Als Janina und Thomas Weinhold in der Nacht von dem Brand erfahren, war beiden sofort klar: “Hier müssen wir helfen!”. Zwei Bewohner des Brandhauses sind Gründungsmitglieder in dem Studio “Mainfitness” der Familie Weinhold und dort gibt es momentan, bedingt durch die Corona-Zwangsschließung, sehr viel Platz. Deshalb nahm Janina Weinhold bereits beim Frühstück fest die Zügel in die Hand und gründete spontan eine Facebookgruppe “Wir helfen Euch”, die aktuell über 800 Mitglieder hat. Fortan wurden hier die verschiedenen Hilfsangebote der Bevölkerung koordiniert und das Fitnessstudio als Lagerfläche zur Verfügung gestellt.

Dieses Bild bot sich bei Tageslicht von der Rückseite des Hauses. Foto: © Christian Licha

“Wenn die Betroffenen die Augen aufmachen soll die Welt zumindest etwas freundlicher für sie aussehen”, sagte Janina Weinhold. In der Tat war die Hilfe der Zeiler Mitbürger und auch Vieler, die in anderen Orten wohnen, überwältigend. Mit Kleidung sind die neun Hausbewohner inzwischen reichlich ausgestattet, so dass hier nichts mehr benötigt wird. Auch viele Einrichtungsgegenstände und was man sonst noch so braucht, fanden schon den Weg in das “Mainfitness” in der Telefunkenstraße. So bitten Janina und Thomas Weinhold in der Facebook-Gruppe nur noch um gezielte Sachspenden. Dort wird gepostet, was noch speziell gebraucht wird, so zum Beispiel ein Laptop für eine Schülerin, die in diesem Jahr ihre Abschlussprüfung hat und ohne Rechner nicht am Distanzunterricht teilnehmen kann.

Janina Weinhold vom Fitnessstudio “Mainfitness” gründete zusammen mit ihrem Mann Thomas Weinhold die Facebookgruppe “Wir helfen Euch” und sammelt eifrig Sach- und Geldspenden für die Brandgeschädigten. Foto: © Christian Licha

Auch sehr viele Geschäftsleute aus Zeil und der Umgebung erklärten sich spontan bereit zu spenden. Einige Gastwirtschaften boten auch kostenloses Essen und Getränke to go für die Hausbewohner an. Max Göller von der gleichnamigen Brauerei versprach außerdem mit dem “Göller Hilfsfonds” den Familien zu helfen. Außerdem wurden viele Einkaufsgutscheine gespendet, so dass auch die alltäglichen Dinge im Discounter oder der Drogerie abgedeckt sind. Janina und Thomas Weinhold legten noch eins obendrauf: Je Mitglied, dass das “Mainfitness” hat, spenden der Besitzer und seine Frau einen Euro, wobei hier eine stolze Summe zusammenkam.

Auch der Vorgarten ist mit Brandschutt übersäht. Foto: © Christian Licha

Bürgermeister Thomas Stadelmann erlebt das Geschehen der Hilfsaktion mit Freude: “Ich freue mich sehr, dass die Zeiler Bürger so zusammenhalten und auch viele Auswärtige dazu beitragen”. Die Stadt Zeil selbst hat den Betroffenen unkomplizierte Hilfe angeboten, wenn etwa ein Transportfahrzeug benötigt wird.

Auch ein Spendenkonto wurde eröffnet, auf dem schon viele Geldeingänge zu verzeichnen sind. “Das Geld wird direkt und gerecht unter den drei Familien aufgeteilt, ohne jede Abzüge”, sagte Janina Weinhold, die überwältigt ist von der riesengroßen Anteilnahme. Etwas besonderes haben sich Marina Pechmann aus Ziegelanger und Nox Hirt aus Neuschleichach einfallen lassen. Die Sängerin und der Keyboarder der bekannten Partyband “Volxxliga” gaben am Samstagnachmittag ein Wohnzimmerkonzert, das live auf Facebook und Instagram übertragen wurde. Hier riefen beide dazu auf das Spendenkonto zu füllen. Alleine auf Instagram hat der Beitrag knapp 1.000 Likes. Zusätzlich startete auch der Chef der Hausbewohnerin im Dachgeschoss eine großangelegte Spendenaktion in seinem Betrieb.

Marina Pechmann und Nox Hirt von der Band “Volxxliga” gaben online ein Wohnzimmerkonzert, um auf das Schicksal der Hausbewohner aufmerksam zu machen und für die Spendenaktion zu werben. Foto: © Christian Licha

Auch die Freiwillige Feuerwehr Zeil wurde mit Spenden bedacht. Die Besitzerin des Hauses überreichte den Floriansjüngern 200 Euro als Dank für die fantastische Arbeit und eine völlig unbeteiligte Person zusätzlich noch einmal 100 Euro. Für Kommadant Tobias Hetterich war sofort klar: “Es freut uns natürlich, dass wir als Feuerwehr Spenden bekommen. Aber in diesem Fall geben wir die 300 Euro an die Familien weiter, die das Geld noch dringender benötigen als der Feuerwehrverein”.

Überwältigt von der vielen Hilfe sind die drei Parteien des Mehrfamilienhauses. Ein Bewohner sprach im Namen aller anderen Mitbewohner in einem Gespräch mit dieser Redaktion seinen herzlichen Dank aus: “Die Tränen stehen uns in den Augen, wenn wir sehen, was die Leute alles für uns auf die Beine gestellt haben. Ich kann einfach nur Danke, Danke und nochmals Danke sagen”.

Die beiden Stubentiger Jack und Mucki wurden von der Feuerwehr Zeil aus dem Keller gerettet und erfreuen sich bester Gesundheit. Foto: Jenny Mielke

In allen drei Wohnungen des Brandhauses waren auch Haustiere. Die Erdgeschossbewohner konnten ihre beiden Hunde Boomer und Candy gerade noch rechtzeitig ins Freie retten und brachten sie spontan in einem Auto außerhalb des Gefahrenbereiches unter. Für einige Katzen endete das Feuerdrama leider nicht so glücklich und sie konnten nur noch tot geborgen werden. Dennoch gibt es auch positives zu berichten, wie Tobias Hetterich weiß. Seine Mannschaft rettete aus der Wohnung im ersten Obergeschoss eine Katze lebend und auch aus dem Keller konnten Jack und Mucki bei bester Gesundheit den Besitzern übergeben werden. Geistesgegewärtig hat nämlich Frauchen ihre beiden Stubentiger in der Brandnacht im Keller untergebracht, mit der Hoffnung, dass es dort am sichersten für sie sei.

Das Feuer hatte seinen Ausgangspunkt im Erdgeschoss, berichtet Tobias Hetterich. Von dort aus fraßen sich die Flammen eine Holztreppe im Hausflur hinauf, bis sie schließlich in der obersten Wohnung und im Dachgebälk reichlich Nahrung fanden. Die Wohnung im ersten Obergeschoss war eigentlich vom Feuer selbst nicht weiter betroffen, so der Kommandant, aber natürlich gab es auch hier massive Rauchschäden und Wassereinbruch durch die Löscharbeiten. Ausgestattet mit 28 Presslutatmern, 40 Lungenautomaten und 43 Vollmasken arbeiteten die verschiedenen Feuerwehren Hand in Hand, lobte der Einsatzleiter. Noch in der Nacht wurden erste leere Atemschutzflaschen zum Atemschutzzentrum nach Knetzgau gefahren, dort gewartet und wieder befüllt. Eine Besonderheit gab es bei der Zeiler Feuerwehr: “Wir hatten drei blutjunge Feuerwehrleute dabei, die ihren ersten Brandeinsatz absolviert haben”. Weiter führt Hetterich aus, dass die drei Feuerwehrler auf verschiedene Fahrzeuge verteilt wurden, um mit erfahrenen Kameraden zusammenarbeiten zu können: “Das haben unsere neuen Feuerwehrleute richtig, richtig Klasse gemacht und waren im Nachhinein auch begeistert von der Mannschaft die kollegial zusammenarbeitet und eine prima Leistung vollbracht hat”.

Seinen ersten Einsatz im Korb der Drehleiter erlebte Max Benkert von der Feuerwehr Ebelsbach. Der erfahrene Kamerad Dominik Mauer (links) gab dem 19-Jährigen letzte Verhaltentipps, bevor es in die Höhe ging. Foto: © Christian Licha

Einer der zwar nicht seinen allerersten Einsatz hatte, aber erst seit drei Jahren bei der Freiwilligen Feuerwehr Ebelsbach ist, war Max Benkert. Für den 19-Jährigen war der Zeiler Brand sein erster Ernstfall, bei dem er als Atemschutzträger im Korb der Drehleiter in zwölf Metern über dem Brandgeschehen schwebte. Auf der Anfahrt in die Fachwerkstadt wusste Max Benkert noch überhaupt nicht, was auf ihn zukommen wird, denn die Ebelsbacher Wehr wurde nur mit dem Stichwort “Unterstützung bei Wohnhausbrand” nachalarmiert. Vor Ort zeigte sich das ganze Ausmaß und schnell stand fest, dass auch Max Benkert in den Drehleiter-Korb beordert wurde. Als erfahrener Kamerad gab ihm Dominik Mauer letzte Tipps, bevor es in die Höhe ging. “Ich habe einfach alles aussenrum ausgeblendet und mich voll auf meine Arbeit konzentriert”, sagte Max Benkert am Tag nach dem Großeinsatz. Hilfreich für den Wirtschaftsinformatiker war der direkte Kontakt zum Drehleiter-Maschinisten Andreas Hoch. Mit Lautsprecher und Mikrofon im Korb konnten so vom Boden aus Hinweise gegeben und das weitere Vorgehen am Dach besprochen werden. Nach rund 30 Minuten war dann die Atemluft in Benkerts Flasche, die er auf dem Rücken trug, verbraucht. Fortan half er dann seinen Feuerwehrkameraden am Boden. Um diese Erfahrung reicher resümiert Max Benkert: “Ich bin begeisterter Feuerwehrler und setze mich gerne zum Wohl der Allgemeinheit ein. Nie würde ich zögern im Notfall jemanden zu helfen”.

Der Brandort wurde weiträumig abgesichert. Foto: © Christian Licha

Wer noch helfen möchte, kann gerne eine Spende auf das Konto mit der
IBAN
DE25 7935 0101 0009 3546 22 bei der Sparkasse Schweinfurt-Haßberge
überweisen. Kontoinhaber Thomas Weinhold verspricht die gerechte Weitergabe der Gelder ohne Abzug an die drei Familien. Als Verwendungszweck ist “Spende für die Brandopfer” anzugeben. Spendenquittungen können leider nicht ausgestellt werden. Sachspenden werden nach Vereinbarung im Fitnessstudio “Mainfitness” in der Telefunkenstraße 12 in Zeil angenommen. Eine vorherige Kontaktaufnahme mit Janina Weinhold unter der Telefonnumer 0151 – 154 537 63 ist sinnvoll.

So sah das Dachgeschoss in der Brandnacht aus, bevor es von einem Bagger abgetragen wurde. Foto: © Christian Licha