Ebern: Erneute Corona-Demo weitgehend friedlich – Einige Personen verstoßen gegen Auflagen

Erneut zogen wieder rund 500 Menschen durch die Straßen Eberns. Dieses Mal auf einer vom Landratsamt vorgegebenen Route, da die Veranstaltung nicht angemeldet war. Foto: © Christian Licha

Ebern, Lkr. Haßberge. Erneut folgten rund 500 Menschen am Mittwochabend, 29. Dezember, in Ebern dem anonymen Aufruf in den sozialen Medien zu einem nicht angemeldeten „Abendspaziergang gegen die Spaltung“. Die Polizei war mit starken Kräften vor Ort und sorgte dafür, dass die vom Landratsamt Haßberge in einer Allgemeinverfügung festgelegte Laufroute der Demonstration eingehalten wurde.

Gleichzeitig taten um die 50 Gegendemonstranten ihren Unmut an drei Stationen entlang der Wegstrecke kund, mit Rufen wie zum Beispiel „Nazis raus“. Unter ihnen war auch eine Abordnung der Initiative „Omas gegen Rechts“. Die Polizei sorgte erfolgreich dafür, dass es zu keinen Übergriffen zwischen den beiden Lagern kam.

Etwa eine halbe Stunde dauerte der Zug vom Bahnhaltepunkt über die über Häfnergasse, Klein Nürnberg, Gleusdorfer Straße, Gymnasiumstraße, Lützeleberner Straße, Georg-Nadler-Straße und wieder zurück zum Bahnhof. Allgemein verlief der sogenannte „Spaziergang“ recht friedlich, jedoch gab neben einzelnen Pöbeleien gegenüber Polizeibeamten auch zwei Zwischenfälle, an denen offensichtlich auch das rechte Spektrum beteiligt war. Die rechtsradikale Kleinstpartei „Der Dritte Weg“ und die ebenfalls rechtsextremistische Gruppierung ‚Kollektiv Zukunft schaffen Heimat schützen’ (KZSHS) brüsten sich in den sozialen Medien damit, an dem Eberner „Abendspaziergang“ teilgenommen zu haben.

Auch eine Abordnung der Initiative “Omas gegen Rechts” reihte sich in die etwa 50 Personen starke Gegendemonstration ein. Foto: © Christian Licha

Auf der Höhe des Parkplatzes am Gymnasium wollten zudem Demonstranten die offizielle Wegstrecke verlassen. Dieses Ansinnen wurde aber von den Polizeikräften sofort unterbunden. Nach Angaben des Einsatzleiters Detlef Hauck, haben nach dem Schlusspunkt am Bahnhof etwa ein Drittel der Teilnehmer entgegen der Auflagen den Demonstrationszug in Richtung Innenstadt fortgesetzt. Am Valeo-Kreisel setzte die Polizei dann dem illegalen Treiben ein Ende und löste den Protestzug ohne Gewaltanwendung auf. Von zahlreichen Personen stellten die Beamten die Personalien fest. Gegen diese wird nun wegen eines Verstoßes gegen die Auflagen des Landratsamtes ermittelt.

Missbraucht wird in einschlägigen Gruppen des Nachrichtendienstes Telegram das Glockengeläut der Eberner Stadtpfarrkirche Sankt Laurentius, das mehrfach während der Veranstaltung zu hören war. Dort heißt es, dass es „ein Zeichen für die Friedensbewegung“ sei. Dem widerspricht Pfarrer Rudolf Theiler energisch: „Das Glockengeläut war kein Zeichen für die Friedensbewegung, sondern ein Aufruf zum Gebet“. Theiler findet es bedauerlich, dass es derzeit scharfe Auseinandersetzungen gibt. Keinesfalls will sich die Kirche für die Belange und Forderungen irgendeiner Partei missbrauchen lassen, so der Pfarrer.

Vor dem Abmarsch machte Polizeieinsatzleiter Detlef Hauck die Anwesenden auf die geltenden Regeln aufmerksam. Foto: © Christian Licha

Erschreckend ist, dass es auch in Ebern bereits mindestens eine konkrete Morddrohungen gegenüber einer Person gab, die sich gegen die „Abendspaziergänge“ ausspricht. Der Name dieser Person, die aus verständlichen Gründen anonym bleiben will, ist der Redaktion bekannt. In einem persönlichen Gespräch erzählt die Person von den Vorkommnissen: „Ich bekam einen Videoanruf von einer vermummten Person, die mit einem Messer bewaffnet war und mir mitteilte, ich dürfe bald in meinem persönlichen Splatterfilm mitspielen, wenn ich weiter so gegen die Abendspaziergänge wettere“. Der Vorfall sei bereits der Polizei gemeldet worden, die die Ermittlungen aufgenommen hat, so der Eberner Bürger, der gleichzeitig nochmals seine persönliche Meinung untermauert: „Wenn man sich mit Nazis solidarisiert und in ihren Reihen mitmarschiert, wird man zu deren Handlanger“.

Bürgermeister Jürgen Hennemann und alle Stadträte sowie Ortssprecher mahnen ebenfalls in einer Stellungnahme: „Es darf nicht sein, dass einer Minderheit der öffentliche Raum überlassen wird und Eberner Bürger sich vom braunen Mob unterwandern lassen. Diese Außendarstellung hat unsere Stadt, haben die aktiven und engagierten Bürgerinnen und Bürger Eberns nicht verdient“. Weiterhin riefen die Kommunalpolitiker gemeinsam dazu auf, ein Zeichen zu setzen und am Mittwochabend „braune Mülltonne an die Demonstrationsstrecke“ zu stellen, „um zu zeigen, wo rechtsextremes und Querdenker-Gedankengut hingehört“. Das nahmen die Querdenker zum Anlass, beleidigende Fotomontagen in den sozialen Netzwerken zu verbreiten. Ein Foto zeigt ein Kind mit dem Kopf des Eberner Ebers, das Biomüll in eine Tonne geben will. In dieser ist der Kopf des Eberner Bürgermeisters angebracht. Eine andere Fotomontage mit dem Konterfei von Jürgen Hennemann hat die Aufschrift: „Mama, kommst Du mal kurz? Die ärgern mich wieder im Telegram“. Das Stadtoberhaupt sagte dazu: „Da muss man durch, wenn man geradlinig ist. Aber irgendwann reicht es“.

In der Innenstadt, weitab der Zugstrecke, waren auf den Fensterbrettern einiger Geschäfte Bio-Bananen abgelegt, die unter anderem mit den Worten “Keine Banananrepublik” oder “Frieden, Freiheit” beschriftet waren. Foto: © Christian Licha

Währenddessen wird in den sozialen Medien schon ein weiterer Spaziergang für den 5. Januar angekündigt. Jedoch schrieb das Landratsamt Haßberge schon Anfang dieser Woche, dass es sich „In Abhängigkeit vom Ablauf der kommenden Versammlung, insbesondere der Einhaltung der Anordnungen in der Allgemeinverfügung“, für kommende Märsche eine Verschärfung bis hin zu einem Verbot solcher Versammlungen ausdrücklich vorbehält.

Landrat Wilhelm Schneider und Bürgermeister Jürgen Hennemann appellierten nochmals eindringlich an die Bürger: „Wer etwas für Freiheit und Demokratie tun möchte, darf sich nicht in die Gefahr begeben, mit Rechtsextremisten gemeine Sache zu machen“. Beide Kommunalpolitiker warnen eindringlich, sich nicht instrumentalisieren zu lassen und sich von solchen „Spaziergängen“ fernzuhalten.